Die Verachtung

Ein Rezensions-Dossier über Frank Castorfs Hans-Henny Jahnn Adaption »Pastor Ephraim Magnus« am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg

Jahnn-Kreuz
And I’m just the dev­il with love to spare – Viva Las Vegas, Viva Las Vegas (Bild/Montage: HHF) 

Hans Hen­ny Jahnns Bühnen­er­stling “Pas­tor Ephraim Mag­nus” wurde von Frank Cas­torf am Deutschen Schaus­piel­haus in Ham­burg insze­niert. Für das HAMBURGER FEUILLETON war das ein Anlass, mit drei Rezensen­ten die Pre­miere zu besuchen – drei Texte aus drei unter­schiedlichen Per­spek­tiv­en sind in dem fol­gen­den Rezen­sions-Dossier zusam­menge­flossen. 

1915 — der große Krieg auf den Feldern Flan­derns und Nord­frankre­ichs tobt schon ein dreivier­tel Jahr. Die Fron­ten sind fest­ge­fahren und jeden Tag ster­ben auf bei­den Seit­en tausende junger Män­ner oder wer­den grausam ver­stüm­melt, falls sie über­leben. In der Ham­burg­er Michaeliskirche hält Haupt-Pas­tor Hun­zinger eine sein­er beliebten Kriegspredigten, “Vor­wärts gegen den Feind, zurück zu Gott” ist ihr Mot­to. Er fordert zum Durch­hal­ten auf, alle noch so großen Opfer sind um Deutsch­lands Selb­st­be­haup­tung als christlich­es-lutherisches Land willen gerecht­fer­tigt.

Das mag der 1894 in Ham­burg-Stellin­gen geborene Hans Hen­ny Jahnn nicht länger hören und schon gar nicht befol­gen. Er emi­gri­ert mit seinem Fre­und Harms nach Nor­we­gen, um der Ein­beru­fung zum Mil­itär zu ent­ge­hen. Dort ver­fasste er sein erstes radikales expres­sion­is­tis­ches Dra­ma, das er Pas­tor Ephraim Mag­nus nen­nt.

Es wird 1919, Jahnn ist inzwis­chen nach Deutsch­land zurück­gekehrt, gedruckt. Oskar Loerke erken­nt Jahnn 1920 wegen dieses Stücks den renom­mierten Kleist­preis zu, was große Proteste her­vor­ruft. Die Urauf­führung des Dra­mas durch Bertolt Brecht und Arnold Bron­nen 1923 in Berlin in ein­er radikal gekürzten Fas­sung ist ein Mißer­folg. Jet­zt hat­te dies schw­er spiel­bare Stück am Deutschen Schaus­piel­haus in Ham­burg Pre­miere, Frank Cas­torf hat sich des Textes bemächtigt. (hjb)

Expressivität, Ekel

Man kann über Hans Hen­ny Jahnn zutief­st unter­schiedlich­er Mei­n­ung sein. Für die einen ist der Ham­burg­er ein expres­siv­er Sprachkün­stler, für die anderen ein schwurbel­nd-dräuen­der Blut-und-Boden-Poet mit stark misog­y­nen Zügen. Zum hun­der­sten Geburt­stag im Jahr 1994 gab es eine mehr oder wenig ein­hel­lige Würdi­gung von Grein­er bis Flimm und eine grosse Volk­saus­gabe, nur unwesentlich gestört von Reg­u­la Venskes ful­mi­nan­ter Anti­s­chrift »Weiber­jahnn«, die wohltuend vielfältig die Brachialpo­et­ik dieses Dichters auseinan­der nahm. Das Buch ist ver­grif­f­en, die Ambivalenz bleibt. (kms)

Denn unles­bar sei dieser ewig Hadernde, heisst es immer wieder, ein Gren­zgänger, ein Uni­ver­sal­ge­nie, gle­ich der Größe eines Thomas Manns. Nur eben ein­er, der sich sper­rt, da seine Inhalte Gren­zen aus­loten, die schw­er erträglich sind. Ein gegen Frauen Wüten­der, der emp­fiehlt, man müsse ihnen “einen Mast in den Schoß ren­nen … den Darm in den Schoß leit­en”. Und tat­säch­lich, liest man ihn das erste Mal, wenn auch nur in Auszü­gen, stößt man an eine Wand aus Ekel. Es schüt­telt einen bei so viel Wut gegen das weib­liche Geschlecht. (nf)

Es geht in Jahnns Stück um die Unge­heuer­lichkeit der Aufhe­bung der Tren­nung zwis­chen den Men­schen, wie sie sich vor allem in ihrer nicht zugänglichen Kör­per­lichkeit zeigt. Es geht dabei auch um die Obszönität, dass in Kriegen die Kör­p­er auf grausam­ste Weise zer­ris­sen und geschlachtet wer­den, aber man dieses The­ma der ver­let­zten, sich ver­let­zen­den Kör­p­er son­st in der Öffentlichkeit, gar auf dem The­ater nicht ansprechen darf.

Das ist natür­lich ein dezi­diert religiös­es The­ma, denn Reli­gion entste­ht aus dem Opfer der Kör­p­er, erst Menschen‑, dann Tieropfer, man opfert sie um die göt­tlichen Mächte zu besän­fti­gen, die sich als Natur‑, Tier‑, oder Men­schen­schreck­en zeigen. Noch die Hin­rich­tung Jesu Christi wird als Opfer gedeutet, aber als eines dass die Opfer ein für alle mal been­den soll. Und doch opfert der Men­sch weit­er seines­gle­ichen, im Krieg, durch Aus­beu­tung und Sklaverei. In ein­er Zeit explodieren­der Kör­p­er im Namen Gottes fragt sich Jahnn, was dür­fen sich Men­schen antun, um ihrem Geheim­nis nahe zu kom­men. (hjb)

Wenn man nun ein Mann wie Cas­torf ist, der von der ZEIT “Stück­ez­ertrüm­mer­er” genan­nt wird und “Exis­ten­zial­ist” – wie geht so ein­er wohl damit um? Und was inter­essiert ihn an diesem Text? Die Göt­tlichkeit des Frev­els? Die Blas­phemie, Sodomie, Frauen­feindlichkeit, Lust an Gewalt über den Tod hin­aus? Warum macht so ein­er einen Text, der ohne­hin alles zertrüm­mert, was man men­schlich, moralisch, wertschätzend nen­nen kön­nte? Was zertrüm­mert man an einem Text, der die Grund­feste unseres Daseins, all das, woran wir glauben (möcht­en), seziert und zer­stück­elt? Kann da nicht nur ein einziges Schlacht­feld übrig­bleiben? Ich wäre zu gern dabei gewe­sen, als er mit Karin Beier besprochen hat, weshalb er diesen Text insze­nieren möchte. (nf)

Immanente Theologie

Jahnn ist so ver­rückt, die bere­its in den Evan­gelien aus­ge­drück­te Hoff­nung auf Über­win­dung ein­er die Men­schen tren­nen­den Kör­per­lichkeit, the­atralisch anzuge­hen — man denke an die hyper­bel­hafte Redeweise Jesu, “wenn dein recht­es Auge dich ärg­ert, so reiß es aus, es ist bess­er für dich, einst dein­er Glieder verdirbt, als dass der ganze Leib in die Hölle gewor­fen wird.” (Matthäus 5,29f).

Das wird bei Jahnn ganz real genom­men. Und zwar mit dem Fokus auf der Sex­u­al­ität, die auch bei Jesus in der Rede vom Ver­schnit­ten­sein um des Him­mel­re­ichs willen eine Rolle spielt (Matthäus 19).

Jahnn ste­ht in dieser Tra­di­tion, in dem er die sex­uelle Kör­per­lichkeit des Men­schen wörtlich nimmt – “wenn ich dir, Mathilde ein Stück Fleisch (von mir) abschnei­de, so hast du dieses Fleisch auch noch zu lieben. Du hast vor meinen Gedär­men die gle­ichen Gefüh­le zu haben wie vor meinem Mund.”

Nur bekommt das bei Jahnn schnell etwas Frauen­feindlich­es, Frauen­ver­ach­t­en­des. Die extrem verkör­per­lichte Sinnsuche richtet sich bei ihm gegen die Frau – der Men­sch, der aus­ge­höhlt wer­den soll, um zu sehen, ob er eine Seele hat, ist die Frau. (hjb)

Bühne & Zweifel

Warum Cas­torf sich diesen Text vorn­immt, bleibt bis zum Ende des über fünf Stun­den dauern­den Marathons am Schaus­piel­haus offen. Cas­torf traut dem Text keinen Meter über den Weg. Das begin­nt damit, dass er den Abend als Soap in einem mon­strösen Büh­nen­bau insze­niert, der – sich immer­fort drehend – Kirche, bürg­er­lich­es Wohnz­im­mer, mar­tialis­che Folterkam­mer, Mau­soleum und noch so viel mehr sein kann. (nf)

Man schaut auf ein­er der mehr oder weniger bekan­nten kom­prim­ierten Cas­torf-Büh­nen, ein auf die Drehbühne mon­tierte kom­prim­ierte Welt pirane­sis­ch­er Idee, so ineinan­der ver­schachtelt ist die Welt zwis­chen pas­toraler Wohn­stube, Orgel- und Streck­bank, alles das das Mobil­iar der Welt des bürg­er­lich-klerikalen Estab­lish­ment. Die Insignien sind überdeut­lich, die Bücher­wand, das Kerzen­meer, die Orgel, Trep­pen, ein aufs Äusser­ste eingedampftes Abbild des Pfar­rhaus­es. Über­bor­dend im Dekor mit Klerik-Kitsch, über allem ein grünes Lichtkreuz, dass ein­er Las Vegas Wed­ding-Chapel gut zu Gesicht stünde. (kms)

Das Kulis­senhafte, Über­bor­dende dieser Mega-Bühne (Alek­san­dar Denić) wird durch das fortwährende Bei­sein eines Kam­era- und Ton-Teams noch betont. Die meis­ten Szenen nehmen wir zwar live aber nicht direkt wahr, son­dern über Lein­wand. Wo in dem Mam­mut-Büh­nen­bild die Schaus­piel­er sich ger­ade aufhal­ten, ist oft nicht mal mehr nachzu­vol­lziehen. (nf)

Die Ästethik dieser Videos ist inzwschen ent­fer­nt von der dog­ma-arti­gen Wack­elei früher­er Jahre, stel­len­weise erin­nert sie an die Werke des späten ital­ienis­chen Neo­re­al­is­mo, opu­lent in ihrer ver­wasch­enen Far­bigkeit, per­spek­tivisch durch­dacht sind diese. Mitunter glaubt man im Kostüm­bild von Adri­ana Bra­ga Peret­z­ki den Pornchic eines Tin­to Brass wieder zu erken­nen, der lange Man­tel über der blanken Brust des Vet­ters Paul (Car­lo Ljubek) erin­nert an ikonis­che Bilder des jun­gen Hel­mut Berg­er. (kms)

Die andauernde Präsenz der Kam­er­ateams erschafft einen Ver­frem­dungsef­fekt, der eine Annäherung an die Fig­uren trotz der riesi­gen Close­ups, gar nicht erst zulässt. Man wäh­nt sich, ent­ge­gen aller ästethis­chen Rafi­nesse der Video­pro­duk­tion, wie in der schön­sten Real­i­ty-TV-Show. Mon­stren des All­t­ags, vorge­führt auf den Mattscheiben des The­aters. (kms)

Das mag man – in Anbe­tra­cht dessen, dass einst kein Gerin­ger­er als Bertolt Brecht die Urauf­führung des Stück­es über­nahm – als gekon­ntes Zitat deuten. Eben­so wie die Souf­fleuse, die den Schaus­piel­ern nicht von der Seite weicht und auch gerne mal angeschnippt wird, wenn der Jahnn-Text sich den Gedanken nicht fügen möchte. Anfangs ist es noch Stilmit­tel, das den the­atralen Vor­gang als solchen ver­stärkt. Am Ende scheinen die Schaus­piel­er so gemartert von der düsteren Schlacht, die sie da schla­gen, dass man sich vorstellen kann, wie got­tfroh sie über diese Entschei­dung Cas­torfs gewe­sen sein müssen. (nf)

Provokation oder Desinteresse? Die “Soap des Grauens”

Der Büh­nen-Regis­seur greift indes tief in das schon seit Jahrzehn­ten brüchige Regal der Tabu­ver­let­zung in der bürg­er­lichen Gesellschaft, der Rei­he nach wird ein um die andere schale Gren­züber­schre­itung zele­bri­ert. Die ein­st­mals als sprach­liche Exzesse gese­henen Texte Jahnns – in der Zeit des ster­ben­des Kaiser­re­ichs expres­siv­er Wah­n­witz – wer­den durch ihre fortwährende szenis­che Illus­tra­tion kom­lett dem Ennui preis­gegeben.

Wir sehen näm­lich das übliche Panop­tikum aus Nack­theit, Kör­p­er- und son­sti­gen Flüs­sigkeit­en, ein klein bißchen Folter hier, ein wenig angedeutete Selb­stver­stüm­melung dort, kreis­chende Frauen, Lack, Led­er, Exkre­mente gehören zum Reper­toire. Nicht zu vergessen, die unver­mei­dliche Nazi-Num­mer, aus­ge­führt in SS-Uni­form mit kurzen Knaben­ho­sen und drit­tk­las­sig schnar­ren­dem Schtonk-Idiom, was auch in der x‑ten Wieder­hol­ung niemals Chap­lin wird, son­dern eben­falls unendlich lang­weilt. (kms)

Doch es sind nicht nur die Schaus­piel­er, die durch das Schlacht­getüm­mel müssen. Auch das Pub­likum sieht sich ein­er Her­aus­forderung gegenüber, der sich­er ein Vier­tel am Pre­mier­en­abend nicht stand­hält und das Stück in der Pause ver­lässt. Doch auch wenn es den Betra­chter dabei öfter mal schüt­teln mag – die Her­aus­forderung des Abends ist, dass Cas­torf den Text nicht ernst nimmt.

Die grund­sät­zliche Entschei­dung, eine desavouierende Soap des Grauens zu insze­nieren, trägt über fünf Stun­den den Abend nicht. Schaus­piel­er, die von der puren Wucht und Menge des Textes über­fordert sind, die nur noch schreiend, hechel­nd und keuchend Worte ohne Sinn her­vorstoßen – das Ganze noch dadurch ver­stärkt, die Rolle der Johan­na ein­er Schaus­pielerin zu über­tra­gen, die keine Mut­ter­sprach­lerin ist (Jeanne Bal­ibar) – das entleert die Wort­ge­walt Jahnns zu sin­n­freiem Gebrüll. (nf)

Deren Kol­le­gen ste­hen vor lauter gewoll­tem Exzess gän­zlich alleine da, unge­führt. Trans­portiert der Text ein­mal Inhalte, wie in einem der The­o­reme zu Natur und Reli­gion im zweit­en Teil des Dra­mas, ste­ht man an der Rampe und reibt mal wieder die Kör­p­er aneinan­der, vor lauter Erre­gung bleibt nichts mehr. Keine Gestal­tung, keine Form – auch wenn jemand wie Cas­torf bekan­nter­massen eine Pre­miere nicht als End­pro­dukt begreifen mag, son­dern als ständi­ge Weit­er­en­twick­lung. Man fragt sich allerd­ings, wohin.

Fol­glich liegt die wahrhafte Pro­voka­tion dieses Abends beileibe nicht im intendierten Tabubruch, all die exzes­siv­en kleinen Sauereien sind nicht im ger­ing­sten erschreck­end, diese Art der Aufre­gung lockt höch­stens noch die lokale Boule­vard-Berichter­stat­tung aus dem Tief­schlaf (»Nazis, Folter, Sex im Schaus­piel­haus« – titelte die BILD am Tag danach). Wirk­lich­es Entset­zen rufen das offen­sichtliche Desin­ter­esse des Regis­seurs an seinem Stoff wie auch an sein­er Arbeit mit den Schaus­piel­ern her­vor. (kms)

Der Abwesende

Dass Frank Cas­torf dann irgend­wie doch noch Sozial­ist ist, ent­nehmen wir dem viel­far­bigen Pro­grammheft. Man liest dort Marx und Bataille und darauf bezugnehmendend einen Text des Meis­ters selb­st. Denn natür­lich ist in dieser Lesart Jahnns Werk kap­i­tal­is­muskri­tisch, fol­glich geht es um den Wert des Men­schen und der Arbeit in und an der Gesellschaft, so sagt der Regis­seur.

Und jüngst tat er in einem Inter­view in der ZEIT kund, er mis­straue “einem Demokratiebe­griff, der aus dem angloamerikanisch-puri­tanisch-protes­tantis­chen Max-Weber-Raum kommt.” Das mit der Reli­gion ist in diesem “Raum” selb­stre­dend auch so ein Ding zur sozialen Unter­drück­ung, Opi­um fürs Volk. Man fragt sich unwillkür­lich, ob ein The­ater­ma­ch­er des 21. Jahrhun­dert über diesen ide­ol­o­gis­chen Teller­rand nicht hin­auszublick­en ver­mag.

Doch der unlustige Regis­seur Cas­torf hat die Rech­nung sozusagen ohne den von ihm so ver­schmäht­en Wirt gemacht. Die Welt der von sich und der gesellschaftlichen Verpflich­tung gepeinigten Krea­turen ist bei ihm naturgemäß hoff­nungs­los, durch und durch verderbt und nur vom The­o­rem eines neuen The­aters der Grausamkeit geprägt – von Artaud zu Jahnn ist es für ihn nur ein ein­fach­er und dann auch kurz gedachter Schritt.

Plöt­zlich ist da diese kleine Bach­melodie, vor über 300 Jahren aufgenom­men in das Büch­lein, dass der fast vierzigjährige Johann Sebas­t­ian für seine Frau zusam­mengestellt hat­te. »Bist du mir« singt die Schaus­pielerin Bet­ti­na Stucky, eine schlicht­es Stück, nicht eigentlich von Bach, eine Adap­tion.

Es ist ein Hoff­nungschoral, eingestreut in illus­tri­eren­der Absicht, eigentlich nur, um klerikales Ger­aune, um Ambi­ente zu schaf­fen, wie alle Musik an diesem Abend. Der Autor war ja auch Orgel­bauer, das Stück spielt im zweit­en Teil in der Sakris­tei der Kirche, eine Orgel kommt vor. Alles irgend­wie eins, Orgel­musik, Kirche, Drangsal, so ist die Welt dort oben auf dieser Bühne.

Aber das kleine Lied, geset­zt in der »war­men« Tonart Es-Dur, schlägt mit Gewalt zurück aus dem Trom­melfeuer Jahnnsch­er Ergüsse von Ver­stüm­melung und Gewalt, von Frauen­ver­ach­tung und deren vor­wiegend desin­ter­essierten Umset­zung in dieser Regiear­beit. Was Cas­torf und die Seinen als echte Verächter jed­wed­er Tran­szen­denz offen­bar nicht ver­ste­hen kön­nen, ist die trös­tende Absicht solchen Liedguts.

Bist du bei mir, geh ich mit Freuden
zum Ster­ben und zu mein­er Ruh.
Ach, wie vergnügt wär so mein Ende,
es drück­ten deine schö­nen Hände
mir die getreuen Augen zu

Der innige Text ist in all sein­er barock­en Hingabe ein Appell an die Zuver­sicht angesichts des unauswe­ich­lichen Todes, solange man nicht allein ist. Eine andere Farbe ist da für einen Moment vorhan­den, gar Trost. Doch da kein Ver­trauen herrschen darf an diesem Abend, son­dern einzig banale Destruk­tion, bleibt der Moment eine Rand­no­tiz, unterge­gan­gen in den Stahlge­wit­tern der Ver­ach­tung eines Regis­seurs. (kms)

“Er hat nicht geliebt. Das ist der Tod”, sagt Josef Osten­dorf als Pas­tor Ephraim Mag­nus ein­gangs. Dem mag man aus tief­stem Herzen zus­tim­men. Ein Regis­seur, der einen Text insze­niert, den er nicht ernst nimmt, lässt es lieber. (nf)

Anmerkung der Redak­tion: Wir haben uns — nach Veröf­fentlichung des Artikels — entsch­ieden, die Autoren der einzel­nen Pas­sagen durch ihr Kürzel ken­ntlich zu machen, damit die einzel­nen Mei­n­un­gen erkennbar wer­den: Hans-Jür­gen Bene­dict (hjb), Natal­ie Fin­ger­hut (nf) und Matthias Schu­mann (kms).

1 Kommentar

  1. Ich frage nicht, wie man ein solch­es Stück schreiben kann-der Autor ist wohl mehrfach gestört. Ich frage aber, wie man es auf­führen kann. Doch kein­er der Team­work-Rezensen­ten hat sich offen­bar getraut, diese ein­fache Frage zu stellen und nachvol­lziehbar zu beant­worten. Ein­er allein hätte sich vielle­icht drangemacht, Zweifel klin­gen in diesem Mei­n­ungspot­pour­ri ja manch­mal durch. So wird an vie­len Stellen san­ft bis harsch kri­tisiert, die bei diesem Stück aber zweifel­los ver­an­laßte Sin­n­frage nicht gestellt.- Dies zur Sache, in der Form habe ich Zweifel, ob eine solche Gemein­schaft­srezen­sion vertret­bar ist. Bei Sachre­porta­gen kann man nehrere Reprorter in einem Beitrag bericht­en lassen-aber bei Rezen­sio­nen? Da kommt’s doch sehr auf die ganz per­sön­liche Mei­n­ung und die Verpflich­tung an, Farbe zu beken­nen, und das kann in einem Rezen­sions-Team­work kaum gelin­gen. Und welch­er Zen­sor, bitteschön, hat die ver­schiede­nen Beiträge denn gekürzt und dann das Ein­heitswerk geschaf­fen? Hier paßt mal auf eine Rezen­sion der alte Spruch in abge­wan­del­ter Ver­sion: Tinte trock­en-alle Fra­gen offen…

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