Lesetage, Tag 4: Auf Matrosen!

Das Mar­itime Muse­um ist ein schönes Haus. Das hat nichts mit der Mil­i­tarias-Samm­lung des Begrün­ders Peter Tamm zu tun, son­dern mit der behut­samen Ein­rich­tung und Restau­ra­tion des alten Kaispe­ich­ers. Das Deck 10 – für Ver­anstal­tun­gen jeglich­er Art geplant – ist also der ide­ale Ort für eine wasser­na­he Ver­anstal­tung. Deren gab es gestern nun gle­ich zwei, sowohl das Kinder- als auch das Erwach­se­nen­pro­gramm der Lese­tage waren dort zu Gast.

Es gibt für Ver­anstal­ter immer Ange­bote von Schaus­piel­ern, die ihre eige­nen Pro­gramme unter­brin­gen wollen. In der Regel kön­nen sie sich vor uno­rig­inellen Ringel­natzbrechtweill­hol­län­der­aben­den kaum ret­ten. Nun gibt es aber auch – wenige – orig­inelle Schaus­piel­er, die Mut zu neuen Ideen haben und sich auch nicht zu schade sind, aus dem Schatz der eige­nen Erfahrun­gen beizu­tra­gen. Burkhard Klaußn­er gehört offen­bar zu dieser Spezies. Sein Ruhm ist vielfältig, ein­er sein­er frühen Erfolge hat­te er mit der Radio Bre­men Pro­duk­tion “Das Rät­sel der Sand­bank”, nach dem Roman von Ersk­ine Childers. Dieser Film von 1984, von dem es einen Mehrteil­er und eine Fernsehspielfas­sung gibt, hängt ihm an, und das nicht unan­genehm. An diesem Abend gibt Klaußn­er den Fahrens­mann, baut sich geschwind eine Rolle, schon im Inter­view mit dem gut vor­bere­it­eten NDR-Mod­er­a­tor Frank Fin­ger­huth zu Beginn wird die Stimme tiefer, er selb­st antwortet wortkarg, nord­deutsch trock­en. Er ist sel­ber Segler, und im Laufe des Abends erfährt man eine Menge über die Tra­di­tion des Wasser­sports in sein­er Fam­i­lie. Die Texte, die er aus­ge­sucht hat, stam­men vor­wiegend aus sein­er Fam­i­lien­blio­thek, Jahrbüch­er des Kaiser­lichen Yacht­clubs um die Jahrhun­der­twende gehören eben­so dazu wie Segel­hand­büch­er aus den 20er Jahren.

Kern­stück des Abends ist Childers Roman. Spielte Klaußn­er einst den wun­der­lichen Davis, den Segler, der mit einem kleinen Schw­ert­boot das Wat­ten­meer durchkreuzt, ste­ht er als Lesender vor der Auf­gabe, sich bei­den Pro­tag­o­nis­ten zu öff­nen. Davis Antag­o­nist ist der ele­gante Car­ruthers, sein­erzeit von Peter Sattmann verkör­pert. Das gelingt exzel­lent, nach kurz­er Zeit sind die bei­den so unter­schiedlichen Fig­uren gestal­tet. In diesem, aber auch in allen anderen Tex­ten, ist vor allem die vir­tu­ose Rhyth­misierung zu kon­sta­tieren – Acceleran­di, Pausen, Stim­mod­u­la­tio­nen, die jeden Text neu for­men. Burkhard Klaußn­er hat Spaß an dem Spiel mit den Tex­ten, und er ist darin ein Vir­tu­ose, der sich dem hohen Vor­leser-Ton ver­weigert. Eine kleine Über­raschung gibt es auch noch, es existiert ein Tage­buch des Darstellers Klaußn­er von den Drehar­beit­en. Und dieser Text ist nicht ein­mal schlecht, keine eitle Reflex­ion, son­dern eine schöne Schilderung von Wet­ter und Stim­mung bei der aufwendi­gen Pro­duk­tion. Es bleibt zu hof­fen, daß dieser Abend, der bei den Lese­ta­gen Pre­miere hat­te, noch öfter zu sehen ist.

Am Nach­mit­tag gab es an sel­ber Stelle ein mar­itimes Kinder­pro­gramm von Matthias Mey­er-Göll­ner. Darüber muss man inhaltlich nicht viele Worte ver­lieren, das war nett gemacht. “Klabauter­mäd­chen” als Mit­mach­spiel und Tief­seeschatz­suche für alle – eine fre­undliche Ver­anstal­tung. Der Spielort hat anscheinend eine gute Aura.

Das Rät­sel der Sand­bank (Der 10-Teil­er)

Ersk­ine Childers: Das Rät­sel der Sand­bank

Matthias Mey­er-Göll­ner: Über das Meer

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