Tanja Hehmann: „Passagen und Enklaven“

Form und Vertiefung – zur Ausstellung im Rahmen des Hamburger Architektursommers 2015

„Essenz und Existenz“
Ausstel­lungsan­sicht der Schau Tan­ja Hehmann: „Pas­sagen und Enklaven“ im Ham­burg­er West­werk. Foto: Stil­la Seis
Ausstel­lungsan­sicht der Schau Tan­ja Hehmann: „Pas­sagen und Enklaven“ im Ham­burg­er West­werk. Foto: Stil­la Seis

Zuerst eine Idee. Intu­itive Far­bauswahl. Informelle Schritte fol­gen. Dann die Kon­struk­tion, ein Ver­such der For­mge­bung. Leinen mit Acryl grundiert, mit Öl betupft, auch schlier­e­nar­tig verteilt die Kün­st­lerin die Farbe darüber. Lein­wand anheben, drehen, wieder hin­le­gen. Da sind sie, die Far­b­ver­läufe, die Tan­ja Hehmann haben will. „Bis es mir richtig erscheint!“

Ausstel­lungsan­sicht der Schau Tan­ja Hehmann: „Pas­sagen und Enklaven“ im Ham­burg­er West­werk. Foto: Stil­la Seis

So arbeit­et sich die Ham­burg­er Malerin an ihr Werk her­an – schrit­tweise, mit Bedacht. Hehmann exper­i­men­tiert, malt Schicht um Form, zieht Lin­ien, frei­hand, bisweilen mit Fäden vorgelegt, ändert auch, dur­chaus. So fol­gt sie spon­ta­nen Einge­bun­gen, verknüpft Ebe­nen, die vielle­icht auf den ersten Blick nicht zusam­men­zuge­hören scheinen. Ein kraftvoller Aus­druck auf eben­er Fläche. Dadurch ergeben sich Span­nun­gen auf tiefem Bild­grund – und Ruhe und Dynamik find­en gle­icher­maßen Platz auf der Lein­wand.

Im mit anderen kreativ­en Köpfen geteil­ten Ate­lier am Bullerde­ich im ehe­ma­li­gen Kraftwerk Bille in ein­er inten­siv­en Arbeit­sat­mo­sphäre, geprägt von indus­triellem Charme, entste­hen manch­mal in weni­gen Tagen, manch­mal in Monat­en ganze Bild­se­rien. Einiges muss sich entwick­eln, wieder betra­chtet wer­den, mal aus ein­er anderen Per­spek­tive. Dieser Ort ist ein Refugium, in dem Tan­ja Hehmann sich wohl fühlt, ihre Ruhe zum Arbeit­en hat, Ein­drücke auf sich wirken lassen kann. Wenn ein Ter­min zu sehr im Nack­en sitzt, kann sie nicht so ruhig malen, sagt sie. Deshalb ist Zeit ein wichtiger Fak­tor: Mit Umsicht entste­ht die Tiefe in den Bildern, sowohl gedanklich als auch per­spek­tivisch. Ver­stärkt auch mit­tels Farbin­ten­sität, wenn beispiel­sweise ein tiefes Blauschwarz auf ein Königs­blau trifft, bei­de großflächig angelegt, ineinan­der ver­woben. Auf diesem Grund sind Dreiecks­flächen in nuanciertem Grün-Gelb angelegt, die auf sie zulaufende, leicht gedrehte Quad­er in Türkis umrah­men. So bildet sich die auf eine offene Ebene pro­jizierte Darstel­lung eines räum­lichen Kör­pers. Der Titel: „Invo­lu­tion“.

Ein tiefes Blauschwarz trifft auf ein Königs­blau, bei­de großflächig angelegt, ineinan­der ver­woben. Auf diesem Grund sind Dreiecks­flächen in nuanciertem Grün-Gelb angelegt, die auf sie zulaufende, leicht gedrehte Quad­er in Türkis umrah­men. So bildet sich die auf eine offene Ebene pro­jizierte Darstel­lung eines räum­lichen Kör­pers. Der Titel: „Invo­lu­tion“.

Tan­ja Hehmann hat diese Arbeit und weit­ere im Rah­men des Ham­burg­er Architek­tur­som­mers 2015 Anfang Mai in ihrer Schau namens „Pas­sagen und Enklaven“ im alteinge­sesse­nen West­werk gezeigt. Eine Galerie, die sie ken­nt und schätzt. Die teils informellen, teils kon­stru­ierten Bild­flächen verbinden sich somit zu Ansicht­en, die eine Grund­lage für Architek­tur bilden. Gebäude­for­men im offe­nen Raum, tech­nis­che Entwick­lung mit funk­tionellem Charak­ter. So wie ein Baumeis­ter plant. Kon­se­quenter­weise hat Hehmann diese For­men deshalb in der Vor­bere­itung zur Ausstel­lung gestal­ter­isch weit­er entwick­elt oder auch mehrmals geän­dert. Im Galerier­aum find­et daher die endgültige Bil­dauswahl statt. Auch wenn sie gerne vor­ab den Grun­driss ein­teilt und in Gedanken den Raum bestückt, die Kün­stlern weiß: Vor Ort ist es ein­fach­er festzule­gen, welch­es Werk an welch­er Wand hän­gen soll und somit eine bessere Wirkung ausübt. Die West­werk-Schau ist offen gehängt, mit fein abges­timmter Ausleuch­tung, genug Platz für Über­legun­gen.

Mit Schubkraft für die Vorstel­lung wirken auch die anderen Werk­ti­tel: „Essenz und Exis­tenz“, „Mar­gin­es“, „Wahrma­ch­er“, „Schaumge­borenes“ oder „Leichte Schwere“ — so gelan­gen Sender und Empfänger auf eine Fan­tasie-Ebene. Der Empfänger darf selb­stver­ständlich noch weit­er gehen im eige­nen Sehen, seine eige­nen Gedanken entwick­eln. „Man muss dem Betra­chter Raum und Zeit lassen“, sagt die Malerin und so hat man tat­säch­lich die Ruhe vor dem Bild, wird nicht gehet­zt. Man wan­dert noch ein­mal zurück, lässt wirken, sieht noch mehr und ent­deckt neu. So überträgt sich die helle Leichtigkeit einiger Bilder eben­so wie die dun­kle Schwere – bei­des aus­ge­wogen verteilt in der Galerie. So bilden Raum und Werk eine Ein­heit, gut konzip­iert mit unter­schiedlichen Bild­for­mat­en, nichts über­frachtet den Blick.

Das, was Tan­ja Hehmann auf die meist selb­staufge­zo­ge­nen Lein­wände bringt, bietet geistre­iche Verbindun­gen. So wer­den Brück­en gelegt und Rück­zugsin­seln geschaf­fen. Eben Pas­sagen und Enklaven. Zeit zum Innehal­ten. Zum Nach­denken über Dinge und Dimen­sio­nen, All­t­ag und Zukun­ft, kleine und große Uni­versen.

Ausstel­lungsan­sicht der Schau Tan­ja Hehmann: „Pas­sagen und Enklaven“ im Ham­burg­er West­werk. Foto: Stil­la Seis
Ausstel­lungsan­sicht der Schau Tan­ja Hehmann: „Pas­sagen und Enklaven“ im Ham­burg­er West­werk. Foto: Stil­la Seis
Ausstel­lungsan­sicht der Schau Tan­ja Hehmann: „Pas­sagen und Enklaven“ im Ham­burg­er West­werk. Foto: Stil­la Seis

 

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