Schlossfräulein ohne Fahrrad

Die Hamburger Sängerin Anna Depenbusch – ein Gespräch über Fahrräder, eine neu erfundene Platte und das Musikmachen

Anna in schwarz-weiß

Da ist es nun, das neue Album der Anna Depen­busch. Und heißt genau wie das let­zte “Die Math­e­matik der Anna Depen­busch”, allerd­ings mit einem Zusatz, näm­lich “in Schwarz-Weiß”. Das ist Anna pur, Anna mit dem, was sie opti­mal ergänzt, Anna nur mit Klavier. Nichts kann sich ihrem Tem­po, Rhyth­mus und der Laut­stärke ihrer Stimme so opti­mal anpassen, wie das Klavier, das sie sel­ber spielt. Eigensin­nig hat sie sich das seit ihrer Kind­heit ver­has­ste Instru­ment wieder beige­bracht: Hat im Win­ter das ein­same Schloss Salzau gehütet, in dem ein Klavier stand. Kein Men­sch, keine Ablenkung, nur sie und der große Kas­ten voller Töne, die es neu zu ent­deck­en galt. Auf die Frage, ob sie diszi­plin­iert ist, zuckt sie die Schul­tern: “Ich habe Wün­sche, die ich unbe­d­ingt umset­zen muss.” Und wenn sie das Klavier für Ihre Musik braucht, muss das eben sein. Allein im Schloss, in zehn Kilo­me­tern Umkreis kein Men­sch — ist das nicht gruselig? Nicht, wenn man mit Plan an die Sache herange­ht. Vor ihrem zweit­en Aufen­thalt im Schloss macht Anna kurz­er­hand einen Selb­stvertei­di­gungskurs bei der Polizei.

In ihrem zweit­en Album hat sie ihren Songs die Entste­hungs­geschichte zurück­gegeben, sie fast ein biss­chen in das ein­same Schloss geholt, in dem sie zum Teil ent­standen sind. “Ich war es den Liedern schuldig”, sagt sie. Fünf Tage hat sie sich für das Schlos­sal­bum im leg­endären Ham­burg­er Gaga-Stu­dio ein­genis­tet. Nur sie, das Instru­ment und eine Schlaf­ma­tratze. Was dabei her­aus­gekom­men ist, sind neue Arrange­ments, die mal fil­igraner, mal wuchtiger, mal nur mit Klopfen auf dem Flügelko­r­pus ihre Stimme begleit­en. Und diese Stimme kommt dabei zu ein­er Far­bigkeit, die umhaut. Anna Depen­busch singt nicht nur, sie tritt in Dia­log mit dem Instru­ment, sie flirtet mit uns, sie flüstert, pfeift und jubiliert. So unendlich trau­rig, so über­bor­dend froh, so alles in allem schwarz und weiß wie das Leben ist mit seinen unzäh­li­gen Grautö­nen dazwis­chen.

“Glück­lich in Berlin” zum Beispiel, das von ein­er Fre­undin erzählt, die in die Haupt­stadt zog, ist auf der “Math­e­matik” weich, fließend — mit einem nahezu liebevollen Augen­zwinkern. Wie das eben ist, wenn man sich für Lieblings-Men­schen freut, dass sie ihren Platz im Leben gefun­den haben, auch wenn der in der Ferne liegt. Auf dem schwarz-weißen Album kann man die Ver­let­zung, die im Abschied liegt, ein wenig erah­nen. Schnell, fast ein wenig schnip­pisch hüpft das Klavier unter ihrer Stimme, die sich manch­mal in ein fast atem­los­es Stac­ca­to singt. Und in der wun­der­baren “Haifis­chbar­pol­ka” fühlt man sich jet­zt fast wie im Cabaret der 20-er Jahre. Da singt eine nicht nur. Da lässt sich eine fall­en in jede Stim­mung, die das Lied hergibt, in jede Phase, die Liebe aus­macht bis zur Wut über Abschied und Ende.

Apro­pos Liebe. Wie ist das eigentlich mit der Math­e­matik? Ist Anna auf der Suche nach der Formel für die per­fek­te Beziehung? Bei dieser Frage schüt­telt es sie fast. “Ich möchte die gar nicht find­en. Das wäre lang­weilig. Um Gottes willen — hof­fentlich find­et die kein­er!” Liebe sei kein spek­takulär­er Moment. In ihren Liedern aber, da darf sie es sein. Da darf man eine Fre­undin trösten, die Liebeskum­mer hat, ganz spek­takulär und mit großen Worten: In “Alles auf Null” singt sie “Es wird gut. Es wird groß. Es wird Gold.” So eine Fre­undin möchte man doch haben, die einen zum Tanzen abholt, wenn eine Liebe zu Ende ist; eine Fre­undin, die einem ein Lied schreibt, wenn es einem schlecht geht. Hat die Kum­mer-Kranke sich denn gefreut darüber? “Ach, die hat­te da ger­ade andere Sor­gen”, sagt Anna ganz unspek­takulär. Das Lied sei jet­zt eben für alle, die Kum­mer haben.

1 Kommentar

  1. Der Artikel ist wirk­lich ein­ma­lig.… Und als Wun­sch ein Fahrrad zu haben, ist dur­chaus real­is­tisch:)

    Ich drücke eben­falss die Dauemn udn Wei­h­nacht­en ste­ht ja fast vor der Tür (laut dem Süßl´kram in den Super­märk­ten);)

    Liebe Grüße,
    Anna

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*