But then POP goes my heart in Altona

Die altonale Pop Nacht 2015

Auch ohne große kom­merziell erfol­gre­iche Namen auf dem Tableau ste­hen zu haben, kon­nten die Ver­anstal­ter  der altonale Pop Nacht zufrieden das “Ausverkauft”-Schild an die Tür hän­gen. Wir waren an diesem Abend dabei und begeis­tert von der feinen Auswahl der unter­schiedlichen inter­na­tionalen Bands und Kün­stler, die auf so engem Raum ver­sam­melt war.

Auf der Bühne im Innen­hof des Alton­aer Rathaus läutete das Ham­burg­er Trio Hel­gen die Nacht ein. Trotz des ein­set­zen­den Regens bere­its während des drit­ten Lieds, ließen sie sich ihre gute Laune nicht ver­miesen. Pop aus Ham­burg mit klu­gen deutschen Tex­ten, das hat ja auch schon immer ganz gut funk­tion­iert. Und ihren kleinen Radio­hit “Wir lieben uns wie es in den Büch­ern ste­ht” wird man sicher­lich auch noch häu­figer den Som­mer über hören kön­nen.

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Hel­gen, Foto: MH

In der Chris­tuskirche, nur einen Stein­wurf vom Rathaus ent­fer­nt, waren dann Wood­en Arms als näch­stes an der Rei­he. Jedoch anstatt zu sechst, waren sie in kleiner­er Beset­zung, nur als Quar­tett, nach Altona angereist. Ein Mann am Klavier, ein­er an der Gitarre und Trompete, eine Geigerin, ein Schlagzeuger und jed­er darf bei Ihnen sin­gen. Es fehlten das Cel­lo und eine weit­ere weib­liche Singstimme. Den­noch schafften sie es auch ihre har­monis­che Klang-Magie, die sich zwis­chen klas­sis­chen Ele­menten und Pop mit Hang zum Bom­bast bewegt, zu ent­fal­ten. Die wun­der­volle des Kulisse hüb­sch aus­geleuchteten Kirchen­raums mit sein­er her­vor­ra­gen­den Akustik bietet dabei eine ide­ale Bühne für die vier Musik­er. Hätte das Herz über­haupt so viel Schön­heit aus­ge­hal­ten, wenn sie in voller Beset­zung aufge­treten wären?

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Wood­en Arms, Foto: MH

Die Berlin­er  Nörd hat­te es hinge­gen schw­er­er, da sie draußen gegen Kälte und Regen anspie­len mussten. Ihren tanzbaren Syn­thie-Pop kann man sich sehr gut bei Son­nen­schein vorstellen ohne Kapuze auf dem Kopf und mit trock­e­nen Füßen. Mit der deutschen Sprache wis­sen die drei Berlin­er auch auf vorzügliche Weise umzuge­hen. Die verbliebe­nen Zuhör­er wippten eifrig unter den aufges­pan­nten Schir­men mit, doch wo waren denn auf ein­mal alle abge­blieben? Die Antwort fand man im Gemein­de­saal der St. Petri Kirche, denn hier war es warm und trock­en. Und mit Novem­berDe­cem­ber hat­ten nun wieder die Dänen in Altona das Wort.

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Nörd, Foto: MH

Auf den ersten Blick scheint die heit­ere Truppe junger Män­ner nach dem Schema ein­er Boy­group zusam­menge­set­zt wor­den zu sein: einen Jun­gen, einen Süßen, einen Gefüh­lvollen, einen bösen Buben und einen Älteren. Doch wir wollen uns hier mal nicht auf Äußer­lichkeit­en beschränken. Auch wenn die fünf Dänen natür­lich nett anzuschauen sind, nett anzuhören war es dann natür­lich auch. Vielle­icht lock­te das schlechte Wet­ter die Besuch­er in den Saal aber der beschwingter 70er Gitar­ren­sound mit Har­moniege­sang ließ sie auch gerne dort noch ein Weilchen bleiben.

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Novem­berDe­cem­ber, Foto: MH

Ein Kün­stler aus der Kat­e­gorie “den sollte man im Auge behal­ten” ist Tom Adams. Die Kom­bi­na­tion aus Klavier und dig­i­tal­en Spiel­ereien erfreut sich immer größer wer­den­der Beliebtheit, wie man bei z.B. Nils Frahm oder Óla­fur Arnalds sieht. Doch nur wenige dieser Kün­stler kön­nen dazu auch noch ähn­lich gut sin­gen wie Tom Adams, der die Kun­st des gefüh­lvollen Falsett Gesangs beherrscht. Er wech­selt in seinem Set zwis­chen den instru­men­tal­en und Gesangs-Stück­en. Die Wood­en Arms sind auch bere­its Fans von ihm und viele neue wird er auch an diesem Abend in der Schnit­tke Akademie hinzuge­won­nen haben.

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Tom Adams, Foto: MH

Unter dem Begriff  “Musikalis­che Schiz­o­phre­nie” lassen sich die fol­gen­den drei Pro­gramm­punk­te der altonale Pop Nacht zusam­men­fassen. Hin­ter dem leicht ver­wirren­den Plur­al The Lake Poets ver­birgt sich nur ein einzel­ner junger Mann mit sein­er akustis­chen Gitarre. Mar­tin Longstaff lässt sich ohne Zweifel in die Liga der englis­chen Singer/Songwriter wie Ben Howard, Damien Rice oder Jake Bugg ein­rei­hen , die durch die elter­liche Plat­ten­samm­lung mit Neil Young, James Tay­lor oder Car­ole King ihre musikalis­che Sozial­i­sa­tion erfahren haben. Er stand eben­falls in der Schnit­tke Akademie auf dem Büh­nen­par­kett, wo er mit sein­er san­ften hellen Stimme Geschicht­en erzählte.

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and the gold­en choir, Foto: MH

Die schiz­o­phrene Ver­an­la­gung wird von Mar­tin Siebert alias “and the gold­en choir” in der Chris­tuskirche jedoch auf die Spitze getrieben. Der Plat­ten­spiel­er, den er neben dem anderen Krem­pel auf der Bühne ste­hen hat, ist mehr als nur ein lustiges Acces­soire. Wenn man bei seinen Konz­erten die Augen schließt, kön­nte meinen, dass dort weit­ere Musik­er ein­er Band, eines Orch­esters oder ein Chor noch mit auf der Bühne ste­hen. Aber, er ist ganz allein und alles, was Siebert nicht sel­ber auf der Bühne spielt oder singt kommt von den Schallplat­ten, die er nach jedem Song neu aufle­gen muss. Und dabei ist jed­er einzelne Ton, der von der Plat­te kommt, von ihm eigen­händig im Vor­feld einge­spielt. So prägte er auch schon den Satz “um allein zu bleiben muss ich mich vervielfälti­gen”. Das Gefühl ein­er Play­back­show kann man aber lei­der nicht voll­ständig aus den Gedanken ver­ban­nen. Also, lieber die Augen geschlossen lassen und sich diesem Auftritt dann doch nur mit den Ohren wid­men.

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Kat Frankie, Foto: MH

Kat Frankie braucht eben­falls keine Band um sich herum um ihre Wirkung noch zu ver­stärken. Im Gegen­satz zu “and the gold­en choir” spielt sie ihre zusät­zlichen Klänge jedoch alle live auf der Bühne per Loop­mas­chine ein, was auch mal schief gehen darf und kann. Und bei Ihrem Auftritt war es dann auch  muxmäuschen­still in der Chris­tuskirche, wofür das Pub­likum auch ein Lob der Kün­st­lerin für seine Höflichkeit bekam. Wie auch schon beim Hanse Song Fes­ti­val 2014 in Stade schafft sie es auch das Alton­aer Pub­likum in der bis gut gefüll­ten Kirche in Ihren Bann zu ziehen.

Zum Abschluss der altonale Pop Nacht war dann “Fuck Art, let’s dance!” nicht nur als Mot­to zu ver­ste­hen, son­dern auch der Name der let­zten Band die auf der Bühne im Innen­hof des Alton­aer Rathaus spie­len durfte. Das sind vier quirlige Ham­burg­er Jungs, die noch ein­mal den Rauss­chmeißer geben durften. Es gibt ja gar nicht so viele Bands aus Ham­burg bzw. gar aus Deutsch­land, die solche diese tanzbare Musik Live so mitreißend präsen­tieren kön­nen, dass sie sich vor den inter­na­tionalen Kol­le­gen nicht ver­steck­en müssen. Und sie schlossen auch die “Ham­burg-Klam­mer” der Altonale Pop Nacht, denn wir haben mit ein­er Ham­burg­er Band ange­fan­gen und hören mit ein­er Ham­burg­er Band auch wieder auf.

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