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Spannendes Thema, leider verfehlt: Mit »The Monuments Men« legt George Clooney einen unerträglich gut gelaunten Kriegs- und Kunstfilm hin

Mis­sion accom­plished: Kun­sthis­torik­er Frank Stokes (George Clooney) bag­gert an der Bar Muse­ums­di­rek­tor James Granger (Matt Damon) an (Bild: Twen­ti­eth Cen­tu­ry Fox)

Jet­zt aber dal­li, Jungs! Denn die Russen sind im Anmarsch. Lauern in ihren Gelän­dewa­gen irgend­wo an ein­er Ser­pen­ti­nen­straße zwis­chen Bay­ern und dem Salzburg­er Land, weil sie auch scharf sind auf den Schatz. Irgend­wo in ein­er Mine lagern näm­lich saumäßig wertvolle Kunst­werke, geklaut von den bösen Nazis, darunter sog­ar eine bedauern­swerte Madon­na mit dem Jesusknäblein. Wehe, die fällt der Roten Armee in die Hände, man weiß ja nie, was solche Bar­baren damit anricht­en. Also schnell einen Sprengsatz leg­en und, heis­sa, die amerikanis­che Fahne zum Aufhän­gen am Minenein­gang vor­bere­it­en, damit die Iwans gle­ich sehen, wer die dick­sten Eier in der Hose hat. Und nichts wie weg.

Klingt nach ein­er spät­pu­bertären Schnitzel­jagd? Kor­rekt. In seinem neuen Film “The Mon­u­ments Men” wid­met sich George Clooney als Regis­seur, Pro­duzent und Haupt­darsteller einem bemerkenswerten Neben­schau­platz des zweit­en Weltkrieges. Tat­säch­lich gab es in den let­zten Kriegs­jahren einen Trupp von US-amerikanis­chen Muse­ums­di­rek­toren, Architek­ten und His­torik­ern, deren Auf­gabe es war, in Deutsch­land und im beset­zten Frankre­ich ger­aubte Bilder und Skulp­turen aufzus­püren und Kul­tur­denkmäler zu schützen.

Der Krieg und die Kun­st. Ein wenig bekan­nter Neben­strang der Geschichte, der in Deutsch­land in den let­zten Monat­en eine beson­dere Aufmerk­samkeit bekom­men hat: Etwas besseres als der Skan­dal um Cor­nelius Gurlitts frag­würdi­ge Münch­n­er Samm­lung hätte George Clooney für seinen Film gar nicht passieren kön­nen. Und eigentlich sollte man meinen, dass Clooney auch der richtige Mann sein kön­nte für ein solch­es Pro­jekt. Schließlich wird sein Name gern als Syn­onym für smarte und kri­tis­che Filme jen­seits des Main­stream-Kinos genan­nt, ob es um den Poli­tik­be­trieb geht (“Die Iden des März”) oder um die unheil­vollen Ver­flech­tung von wirtschaftlichen Inter­essen und Krieg (“Syr­i­ana”).

Aber George Clooney kann eben auch Pop­cornk­i­no. Und aus­gerech­net die “Mon­u­ments Men” insze­niert er, als wär’s der fün­fte Teil der Gaunerkomödie “Ocean’s Eleven”. Las Vegas oder Ober­salzberg, das Rezept ist das­selbe: eine selt­same Gurken­truppe schräger Charak­tere, die mit viel Köpfchen und Esprit einen Schatz erobern.

Dabei ist ebendiese Gurken­truppe abso­lut hochkarätig beset­zt: ein Kriegs­film mit Stars. Hol­ly­woods schlagkräftig­ste Eli­teein­heit, inklu­sive Charak­terköpfen wie John Good­man und Bill Mur­ray. Lebensvolle Gesichter, die eine Lein­wand aus­füllen kön­nen, ger­ade, wenn sie gar nichts tun als schauen. Man muss zugeste­hen: das Ensem­ble funk­tion­iert rei­bungs­los, die Hand­lung spult sich ab wie am Schnürchen, nichts wird lang­weilig oder gar kom­pliziert.

Aber genau das ist auch das große Manko: Ein Kriegs­film, der nicht einen Moment lang da hin geht, wo’s wehtut, eine Art “Top Gun”-Remake mit pseu­do-intellek­tuellem Anspruch. Ein Wohlfühlfilm, obwohl es Tote gibt – aber immer zur höheren Ehre der Kun­st. Da tut der ehe­ma­lige Alko­ho­lik­er mit seinem Leben Buße für seinen Charak­ter­fehler und ret­tet gle­ichzeit­ig eine Madon­nen­stat­ue.

Da über­re­icht der ster­bende Schürzen­jäger seinem Kam­er­aden ein Medail­lon für die Ehe­frau zu Hause samt sal­bungsvoller let­zter Worte, als wär’s eine Szene aus einem Kriegsro­man der vor­vorigen Jahrhun­der­twende. Front­pakete von den Lieben daheim, Wei­h­nacht­slieder über den knarzen­den Laut­sprech­er im Feld­lager, Kam­er­ad­schaft und Todesmut – kaum eine Szene, bei der nicht kni­etief in die Klis­cheek­iste gegrif­f­en wird.

Auch einen Ehe­bruch gibt’s, aber der wird genau so altjüngfer­lich erzählt: “Wir sind in Paris, und es ist Krieg”, lässt die Kun­stken­ner­in und Wider­stand­skämpferin Claire Simone (Cate Blanchett) den zögern­den Fam­i­lien­vater James Granger (Matt Damon) wis­sen, ehe sie ihm, oh la la, ihr Schlafz­im­mer zeigt. Das erin­nert nicht nur an Casablan­ca, son­dern auch an die pubertäre Erfol­gskomödie “Hang­over”: “What hap­pens in Vegas, stays in Vegas!” Danach blendet die Kam­era diskret ab, ist ja “Fam­i­ly Enter­tain­ment”.

Und die Kun­st, um die es ja eigentlich geht? Die ist selb­stver­ständlich genau so clean, genau so Main­stream, genau so über jede Kri­tik erhaben. Sakrale Stat­uen, sepi­a­far­bene Salon­porträts, und appeti­tliche Tafel­malerei aus dem 19. Jahrhun­dert: Dafür lohnt es sich, zu leben und zu ster­ben. Früher war alles bess­er, auch die Bilder. Mit einem düsteren Otto Dix hätte man den Zuschauer möglicher­weise über­fordert.

Schon bemerkenswert: Während mit­tler­weile jede Vor­abend­serie ihre gebroch­enen, abgründi­gen Charak­tere braucht, strahlt aus­gerech­net die Truppe um Clooney eine frischge­wasch­ene Naiv­ität aus. Schurken und Helden? In diesem Stück sind die Rollen ganz klar verteilt. Wenn über­haupt ein­er Fehler macht, dann ist es James Granger alias Matt Damon: der spricht ein­fach kein gutes Franzö­sisch. Sagen jeden­falls die Fran­zosen. Putziger Run­ning Gag.

Ein Film als ther­a­peutis­che Selb­stvergewis­serung eines ges­pal­te­nen und verun­sicherten Lan­des. Im Däm­mer­licht his­torisch­er Pati­na darf sich der amerikanis­che Zuschauer auf die Schul­ter klopfen: Er war, ist und bleibt der Good Guy auf der Welt­bühne. Als hätte es wed­er Mỹ Lai noch Abu Ghu­raib gegeben. Und das Hap­py End nach Show­down und Ver­fol­gungs­jagd ist so selb­stver­ständlich wie das Amen in der Kirche.

Als kür­zlich die ZDF-Serie “Unsere Müt­ter, unsere Väter” in ein­er Kinover­sion in den USA anlief, hagelte es ver­nich­t­ende Kri­tiken: Als “Fünf Stun­den deutsches Selb­st­mitleid” ver­ris­sen die Profi-Zuschauer der New York Times die Geschichte um fünf junge Leute und ihre Erleb­nisse im zweit­en Weltkrieg. Das kann man so sehen. Aber zwei Stun­den amerikanis­che Selb­st­be­weihräucherung sind auch nicht leichter zu ertra­gen. Die his­torischen Vor­bilder der “Mon­u­ments Men” waren bemerkenswerte Män­ner mit ein­er erzäh­lenswerten Mis­sion. Sie hät­ten einen besseren Film ver­di­ent.

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