Kugelrund

Das Trio ist das neue Stre­ichquar­tett. Die Ursuppe der Jazzbe­set­zung wird heutzu­tage wieder aus Klavier, Bass und Schlagzeug gekocht. Wie der Pilz dem Boden hüpft, entste­hen heute an beina­he an jed­er Jaz­zs­trasse­necke die neuen Trios. Früher hießen sie Oscar Peter­son oder Bill Evans Trio, heute Brad Mehldau oder Esb­jorn Svens­son Trio. Die Konzen­tra­tion auf das “wesentliche” wird hoch gehal­ten, die sat­ten Arrange­ments, all das Getute und Geblase grösser­er Beset­zung fällt weg. Die Beset­zung übri­gens auch, die ist auch zweitrangig. Nun spie­len sie also wieder, sehr konzen­tri­ert, hie und da einen Stan­dard, in der Regel in wohltem­periertem Sound und gefäl­liger Har­monie. Es darf mal ein bißchen schräg sein, aber froh ist der geneigte Hör­er dieser neuen Jazz-Stars doch immer, wenn die Rück­kehr ins ver­traute Amer­i­can Song­book anste­ht und man die Plat­te bei Kerzen­schein mit Partner/Partnerin dudeln lassen kann. Deshalb verkaufen sich die Plat­ten auch ganz gut, für Jaz­zplat­ten sog­ar extrem gut. Das ist der aktuelle Tri­otrend.

Es gibt auch andere. Aki Takase ist unter den Jaz­zpi­anistin­nen ein immer wieder exper­i­men­tier­freudi­ger Solitär. Ob sie mit Maria Joao (“Don’t shout at me”) Anfang der 90er hin­reis­sende Konz­ert-Duette gab oder sich mit der grossar­ti­gen Silke Eber­hardt vor ein paar Jahren Ornette Cole­man erspielt hat, die Sache wird auf jeden Fall inter­es­sant und reflek­tiert ein jedes Mal mehr als das ewig gle­iche Real­book. Und spielt sie Trio, dann spielt sie mit exzel­len­ten Musik­ern zusam­men, die nicht nur Teil vom Ganzen sind. Das Pro­jekt TAMA von 2009 hat mit Rolled Up die Trio-Plat­te gemacht, die wirk­lich noch fehlte. Das ist nichts mit reinem Schön­klang des Jaz­ztrios, da wird gespielt und das nicht zu knapp. Man hört immer von den “kon­ge­nialen Part­nern” in solchen Beset­zungem, gemeint ist da in der Regel, daß da ein­er spielt und die anderen machen etwas, was das ganze gut klin­gen läßt. Das ist hier nicht der Fall. Jan Roder am Bass ist auf Rolled Up ein eben­bür­tiger Solist, Oliv­er Stei­dle kein besen­schwin­gen­der Groove-Schlagzeuger. Es ist eben doch ein bißchen Stre­ichquar­tett, aber eher später Beethoven als früher Haydn – ver­track­te Rhyth­men, schlaue Dialoge und kom­plexe Struk­turen. Das klänge verkopft, so ganz nach dem Klis­chee des Mod­ern Jazz, der sich im gemütlichen Nest der Roger Cicero-Hör­er als “Krach” einge­graben hat. Ist es aber nicht.

Rolled Up

Das Album heißt Rolled Up. Ein run­des Mot­to im Sinne des Aus­drucks. Der etwas hol­prige Begleit­text dazu in der CD-Hülle führt den Leser in die Assozi­a­tion­swelt von Kugeln, Knäueln und Bachkieseln. In der Tat haben die einzel­nen Tracks “runde” Titel, “Drehbühne” etwa oder “Smoke Ball” – allzu gegen­ständlich darf man das aber nicht nehmen, eher als Inspi­ra­tion ein­er for­malen Annäherung. Her­aus kom­men höchst lebendi­ge Impro­vi­sa­tion­swerke wie das berück­ende, cubaneske “Smoke Ball”, reizvoll zer­stiebende Melodiefet­zen, wie übers Wass­er gewe­ht. Oder das tas­tende, fast schon sezierende “Perlen”. Monk ist auch dabei, im Titel­stück Rolled Up und sowieso. Über den Rest muß man nicht viel sagen, außer: Es swingt. Eine runde Sache eben.

TAMA: Rolled Up

[xrr rating=5/5]

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