Das Versagen der Poesie

"Was ihr wollt " am Thalia Theater

Es rei­ht sich Kalauer an Kalauer, wird alles bedi­ent, was dazuge­hört, aber das Tim­ing wirkt schlep­pend, zäh mitunter und damit bekommt das Groundlingsvergnü­gen großen Raum. Das ist merk­würdig – es funk­tion­iert auch schein­bar, die Pointen wer­den quit­tiert – aber das Komö­di­en­hafte ver­nichtet sich selb­st durch seine Ver­langsamung. Befremdlich holpernd ist das, gilt Twelfth Night, or What You Will doch als Lust­spiel von größter Aus­ge­wogen­heit zwis­chen Poe­sie und derbem Humor.

Über­haupt, der poet­is­che Moment. Der ist nun gar nicht das The­ma dieses Abends, wen­ngle­ich er latent vor allem über dem Haupt von Bib­iana Beglaus Olivia schwebt. Es ist die Pose der Verun­sicherung, die all­ge­waltig Ober­hand gewin­nt, sei es in der Pop­star­pose Orsi­nos, sei es im aufgeregten Tänzeln Malvo­lios, sei es im Röhren der bei­den kru­den Her­ren. Und da greift auch immer die Musik ein, stützt nicht etwas, was nicht da zu sein scheint, son­dern schafft gefäl­lige Klänge. Jede im Gesang vor­ge­tra­gene Behaup­tung gewin­nt da mehr und mehr an Falschheit. Im Übri­gen trägt man die Klam­otte des Schlager­moves, viel Authen­tiz­ität ist da auch nicht drin. Echt, und damit sehr, sehr zynisch ist in diesem Illyrien allein Karin Neuhäusers zither­spie­len­der und diseusen­hafter Narr.

Und in dieser Indif­ferenz der Gefüh­le wird es stark, sehr stark. Das Lavieren der Charak­tere, allen voran Vio­laCe­sar­ioSe­bas­t­ian, die ständi­ge Suche nach der Wahrheit des einen oder anderen Zus­tands kul­miniert in furios­er Dekon­struk­tion. Anstelle ein­er erle­ichtern­den Auflö­sung im illyrischen Glück ist hier nur Ver­störung. Und da wird die anfängliche Läh­mung der Komödie sinnhaft. Das erin­nert von Ferne an die ernüchternde Starre nach dem Spiel der Liebe in da Pontes Cosi fan tutte. Mit Ver­spieltheit des Rokoko hat das hier allerd­ings nichts zu tun. Es bleibt: Ein wun­der­sames Schaupie­lensem­ble (Simon, Kreibich, Neuhäuser, Cath­omas, Pohl, Beglau, Harz­er) und die harte Rück­kehr in das Leben.

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